Vielleicht hast du dir diese Frage auch schon einmal gestellt: Warum fällt mir Veränderung so schwer? Ich kann dich beruhigen: Vielen von uns fallen Veränderungen mittel bis extrem schwer. Ich bin da keine Ausnahme. Als ich angefangen habe, mich mit mir selbst und meinen Themen auseinanderzusetzen, bin ich auf einige Coaches gestoßen, die mir gesagt haben, dass es an fehlender Willenskraft oder mangelnder Disziplin liegt. Du kannst dir sicher vorstellen, wie viel Druck das aufgebaut hat und wie viel Scham und Schuld da in mir hochkam – zusätzlich zu den Herausforderungen, mit denen ich eh schon zu kämpfen hatte.
Es liegt nicht an fehlender Willenskraft oder Disziplin
Doch glücklicherweise kamen dann auch andere Coaches in mein Feld, die mir das Thema „Nervensystem“ nähergebracht haben. Und damit hat sich dann wirklich alles verändert (haha). Wenn es dir also ähnlich geht wie mir, dann lies unbedingt weiter.
Zuerst einmal das wichtigste: dass dir Veränderungen oft schwer fallen liegt NICHT an mangelnder Disziplin oder Faulheit und auch nicht an schwacher oder fehlender Willenskraft.
Es liegt an deinem Nervensystem, besser gesagt an deinem autonomen Nervensystem (zu den Begriffen und wie es genau funktioniert gibt es bald einen weiteren Beitrag).
Für dein Nervensystem ist nur eines wichtig: Überleben
Ganz kurz und knackig zusammengefasst, ist für dein Nervensystem nur eines wichtig: dein Überleben. Nicht, ob du glücklich bist. Nicht, ob du erfüllt bist. Nein, dein Nervensystem will, dass du sicher bist. Denn Sicherheit bedeutet Überleben.
Ganz grob gesagt ist also alles bekannte sicher für dein Nervensystem und alles unbekannte unsicher, also eine potenzielle Gefahr für dein Überleben.
Diese Funktionsweise kommt noch aus der Steinzeit, als hinter jedem Busch theoretisch ein Säbelzahntiger sitzen konnte. Da, wo die Steinzeitmenschen sich auskannten, war ihre Chance zu überleben deutlich höher als in unbekannten Gegenden.
Die Säbelzahntiger der heutigen Zeit: Veränderungen
Nun sind wir ja definitiv nicht mehr in der Steinzeit und Säbelzahntiger und ähnliche „echte“ Gefahren gibt es auch nur noch sehr selten. Doch unser Gehirn bzw. unser Nervensystem funktioniert immer noch auf dieselbe Art und Weise. Säbelzahntiger sind für uns heute z.B. Veränderungen wie den „sicheren“ weil bekannten Job zu kündigen, den Partner zu verlassen, eine neue Beziehung einzugehen, etc.
Nun ist es jedoch so, dass nicht jede Veränderung für jeden Menschen gleich „schwer“ ist. Wenn es für den einen schwer – weil unsicher – ist, z.B. den Partner zu verlassen, auch wenn die Beziehung schon lange vorbei ist, ist es für jemand anderen kein Problem. Und hier wird es etwas komplizierter (dabeibleiben lohnt sich trotzdem!).
Bindung bedeutet Sicherheit
Vielleicht kennst du den Spruch „Wir Menschen sind Herdentiere“. Ich fand ihn immer etwas merkwürdig (vor allem weil ich gern allein bin) bis ich mich intensiver mit dem Nervensystem beschäftigt habe.
Gehen wir nochmal kurz zurück in die Steinzeit. Unsere Vorfahren haben damals schnell erkannt, dass sie in Gruppen deutlich größere Chancen hatten zu überleben als allein, also jeder für sich. Bindung zu anderen Menschen ist also gleich Überleben. Das ist auch heute noch so.
Bindung bedeutet Sicherheit für unser Nervensystem. Alles, was den Verlust der Bindung herbeiführen könnte, bedeutet im Gegenzug Unsicherheit, also Gefahr und damit für unser Nervensystem den sicheren Tod. Und ja, das klingt jetzt sehr dramatisch, aber so funktioniert unser System. Vielleicht hast du auch schon einmal erlebt, dass du in einer objektiv betrachtet harmlosen Situation plötzlich Herzrasen, feuchte Hände oder Atemnot bekommen hast. Das war dein Nervensystem, das in diesem Moment reagiert hat und deinen Körper auf Kampf oder Flucht vorbereitet hat (dazu ebenfalls in einem weiteren Beitrag mehr).
Was unsere Eltern damit zu tun haben...
Kommen wir zurück zum Thema Bindung. Wenn wir auf die Welt kommen, sind wir abhängig von unseren Eltern oder anderen engen Bezugspersonen. Je nachdem wie wir aufwachsen, bestimmt, was für unser Nervensystem sicher ist und was nicht. Wenn wir z.B. gelernt haben, dass wir nur Liebe (=Bindung) bekommen, wenn wir vorher Leistung erbringen, dann ist es auch später für uns nur dann sicher, wenn wir Leistung erbringen, denn in diesem Fall bedeutet Leistung gleich Bindung gleich Sicherheit gleich Überleben.
Nach diesem Schema funktioniert also unser ganzes Leben. Bindung bedeutet Sicherheit und Sicherheit bedeutet Überleben. Das heißt im Umkehrschluss, dass unser Nervensystem alles tun wird, damit wir in Bindung bzw. in Verbindung zu anderen Menschen kommen, sind und bleiben. Nochmal: es geht deinem Nervensystem NICHT darum, ob du glücklich bist, sondern einzig und allein, ob du in Sicherheit bist. Wenn also Bindung für dich mit bestimmten Bedingungen verknüpft ist, wirst du unbewusst alles dafür tun, diese Bedingungen zu erfüllen. Im schlimmsten Fall auf deine Kosten. Nämlich dann, wenn du dich und deinen Körper, deine psychische und physische Gesundheit, hintenanstellst, um Bindung zu bekommen. Es ist kein Zufall, dass Burn-Out eine der häufigsten Diagnosen in unserer Gesellschaft ist, da die meisten von uns in irgendeiner Form Leistung mit Bindung verknüpft haben.
Also warum fällt mir Veränderung jetzt so schwer???
Um jetzt den Bogen zurück zur Veränderung zu spannen, rekapitulieren wir noch einmal: alles bekannte ist gleich Sicherheit, alles unbekannte ist gleich Gefahr.
Somit sind all deine Muster, Glaubenssätze, Gefühle, Reaktionen, Konditionierungen und Strategien sicher – weil bekannt – für dein Nervensystem. Wenn du nun etwas verändern willst, kommst du nicht umhin etwas an deinen Mustern, Glaubenssätzen, Gefühlen, Reaktionen oder Konditionierungen zu verändern. Vermutlich kannst du dir denken, was nun kommt 🙂
Dein Nervensystem schlägt Alarm und setzt alle Hebel in Bewegung, dich wieder zurück in Sicherheit aka deine alten Verhaltensmuster, Strategien, etc. zu bringen. Solange du dir über diesen Mechanismus nicht bewusst bist, nützen dir alle guten Vorsätze nichts. Übrigens auf lange Sicht gesehen auch keine Willensstärke oder Disziplin – fand ich sehr cool, diese Info und hat mich sofort ein bisschen entspannt. Denn: dein Überlebensinstinkt wird siegen, was ja auch irgendwie beruhigend ist zu wissen, oder?!
Was bringt dir das jetzt?!
Nun fragst du dich vielleicht, was du mit diesen Informationen machen sollst bzw. was es dir bringt, zu wissen, warum uns Veränderungen oft so schwer fallen.
Dazu möchte ich den englischen Philosophen Francis Bacon zitieren: „Denn Wissen selbst ist Macht.“
Bedeutet: wenn ich Wissen über eine Sache habe, habe ich die Macht, diese zu verändern (pun intended 🙂 ). Das heißt, das Wissen darüber, wie dein Nervensystem funktioniert, ist der erste Schritt, damit dir künftige Veränderungen leichter fallen. Den nächsten Schritt erfährst du dann in einem der nächsten Artikel. Ich will hier nämlich niemanden überfordern, denn auch das mag unser Nervensystem gar nicht…
Also stay tuned und bis zum nächsten Mal!
P.S.: Hier findest du eine Podcastfolge zu diesem Thema, falls du das ganze nochmal nachhören möchtest.

Falls du jetzt schon merkst: Ich will etwas verändern und ich wünsche mir Begleitung dabei, dass es mir nicht mehr so schwer fällt, schau gern bei meinen Angeboten vorbei. EFT z.B. ist ein wundervolles Tool, um dich bei Veränderungen jeder Art zu unterstützen. Kostenlose EFT-Videos zum Reinschnuppern und Ausprobieren findest du jeden Mittwoch auf meinem YouTube-Kanal.